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- Dissoziative Identitätsstörung (DIS) - eine Persönlichkeitsstörung?
Bettina Overkamp; Arne Hofmann; Michaela Huber, Gerhard Dammann


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Definitionen im DSM-IV

In der Forschungsausgabe der ICD-10 (Dilling et al. 1994) von 1994 wurden für die DIS bereits die Kriterien des DSM übernommen: Das DSM-IV (1994,1996) definiert die Dissoziative Identitätsstörung unter der Nummer 300.14 ebenfalls unter den Dissoziativen Störungen, neben der

  • dissoziativen Amnesie,
  • der dissoziativen Fugue
  • und der Depersonalisations- und Derealisationsstörung.

Anders als die ICD-10 spricht das DSM-IV von Identitäten beziehungsweise Persönlichkeitszuständen, um den unzutreffenden und ungenauen allgemeinsprachlichen Ausdruck "Persönlichkeit" im Sinne neuerer allgemeinpsychologischer Forschung zu präzisieren (Putnam 1989). Auch im DSM-IV ist die dissoziative Identitätsstörung (vormals multiple Persönlichkeitsstörung) definiert über

  • die "Existenz von zwei oder mehr unterschiedlichen Identitäten oder Persönlichkeitszuständen,
  • jede mit einem eigenen, relativ überdauernden Muster, die Umgebung und sich selbst wahrzunehmen, sich auf sie zu beziehen und sich gedanklich mit ihnen auseinanderzusetzen.
  • Mindestens zwei dieser Identitäten oder Persönlichkeitszustände übernehmen wiederholt die Kontrolle über das Verhalten der Person".

Damit bezieht das DSM-IV den in Untersuchungen gefundenen Faktor ein, daß es im Teilpersönlichkeitensystem häufig mindestens eine Identität gibt, die über Ko-Bewußtheit verfügt (Ross et al. 1989; Putnam et al. 1986).

Teilidentitäten

Tölle (1996) kritisiert an dem neu gewählten Begriff "Identität" die auch darin innewohnende Unspezifität und interpretiert ihn dahingehend, daß er synonym für den weiten Begriff "Lebensweise" steht, was umgangssprachlich unter "Doppelleben" abgehandelt werden kann. Damit setzt er die heutigen Fälle einer Dissoziativen Identitätsstörung mit den ersten psychiatrisch dokumentierten Fälle einer doppelten Persönlichkeit ( Freud 1885; Binet 1890; James 1890; Prince 1905; Ellenberger 1972; Greaves 1980) oder eines doppelten Bewußtseins - double conscience nach Janet - gleich. Für die aktuelle Präsentation einer DIS ist diese Auffassung zu begrenzt (Hacking 1996). In amerikanischen Untersuchungen aus der ambulanten Praxis findet man im Durchschnitt zwischen 13 und 16 Teilidentitäten in einer DIS-Patientin (Putnam et al. 1986).

Forschungskriterien

Für die Forschung sowohl in Amerika als auch in Europa haben sich die verschärften NIMH-Kriterien (National Institute of Mental Health) zur Diagnose einer dissoziativen Identitätsstörung bewährt, die auch von der International Society for the Study of Dissociation (ISSD) empfohlen werden. Diese beinhalten,

  • daß eine Person an mindestens zwei bis drei verschiedenen Gelegenheiten Kontakt mit mindestens zwei verschiedenen Persönlichkeitszuständen hatte
  • und diese auch "wiedererkennen" konnte,
  • sie sich also in einer kontinuierlichen/ konstanten Form zeigten.

Nur dann ist das Stellen einer Diagnose DIS gerechtfertigt, alle häufig verbreiteten Zwischenformen und Vorstufen werden als nicht näher bezeichnete dissoziative Störung (DDNOS/ dissociative disorder not otherwise specified) eingestuft.

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