Aufsätze - Satanismus und Ritueller Mißbrauch 3.3. Okkultistisch-traditioneller Satanismus Der okkultistisch-traditonelle Satanismus akzeptiert das Welt und Geschichtsverständnis der Bibel (s. Massimo Introvigne, a.a.O., S. 168). Für ihn ist Gott eine nicht zu leugnende Tatsache. Satan, der Gegenspieler Gottes, ist der Herrscher dieser Welt. Seine Power wird sich durchsetzen und insofern ist das Christentum ein Auslaufmodell. Wir finden bei den Organisationen, Logen, Orden und Gruppen dieses Typos einen ausgeprägten Dualismus vor. Außerdem wird anhand von Indizes versucht, dieses Welt- und Glaubensbild zu stützen. Dazu dienen die vielen Kriege in der Welt mit ihren Greueltaten, menschliche Gemeinheiten und gesellschaftliche Brutalitäten als Beweise.Ein typischer Vertreter dieser Gattung ist der "Temple of Set" des Dr. Michael A. Aquino. Durch die Anrufung des "Fürsten der Finsternis" suchte Aquino eine höhere Legitimation für die Neugründung seiner Organisation. Auch hier, ähnlich wie bei Crowley, bekommt der Visionär Kontakt mit einer "dunklen Gottheit", die sich als "Set" aus der ägyptischen Mythologie identifizieren läßt und ihm durch Diktat das "Buch des Lebens", das spätere zentrale Werk des Temple, offenbart (s. Joachim Schmidt, a.a.O., S. 173). 1975 wird der "Temple of Set" in den USA als gemeinnützige Kirche mit einhergehender Steuerbefreiung staatlicherseits anerkannt. Aquino, dem die wirklich erfolgreiche öffentlichkeitsarbeit LaVeys ein Dorn im Auge war, besann sich wieder auf die esoterischen Traditionen: keine öffentlich zugänglichen Rituale, Probezeit von zwei Jahren vor der Initiation, kein Gewinnstreben in der Organisation, alle ämter bleiben "Ehrenämter" und unterliegen keiner Honorierung. Die Gradeinteilung ist ähnlich der bei der "Church of Satan" und die Organisation wird vom "Rat der Neun" geleitet, deren Mitglieder wiederum auf neun Jahre gewählt sind. Aquino hatte interessanterweise in den 80er Jahren ähnliche Schwierigkeiten mit den Mitgliedern seines "Temple of Set", die ihm autokratische Tendenzen vorwarfen wie LaVey mit denen seiner "Church of Satan" (s. Massimo Introvigne, a.a.O. S. 195). Seine Lösung war elegant: Er zog sich als "Ipsissimus"-Initiierter auf das Altenteil eines emeritierten Großmeisters zurück und überließ das Feld seinem Nachfolger Steven Flowers, einem texanischen Englischprofessor. Aquino und der "Temple of Set" propagierten und praktizierten die "kleine und große schwarze Magie" In der kleinen schwarzen Magie geht es im wesentlichen um die Anwendung "von einfachen Tricks der Desinformation bis zu extrem subtilen und komplexen Manipulationen psychologischer Faktoren in der menschlichen Persönlichkeit (s. M.A. Aquino, "Black Magic in Theory and Practise", in „The Crystal Tablet of Set", S. 5f., 10ff.), die Aquino als Offizier der US-Navy, dort zuständig für Spionageabwehr und Desinformation, sich während seiner Dienstzeit angeeignet hat. Die große schwarze Magie ist ein in weiten Teilen übernommenes Ritual des "Golden Dawn". Das Ziel dieses Prozesses wird mit der "magischen" Parole des "Zeitalter des Sets" Xeper (= Werde!) eingeleitet. Hier wird mit Hilfe des "Fürsten der Finsternis" (Satan) der Wille des Ritualzelebranten zu höchsten Formen und Stufen der Selbstverwirklichung "kultiviert". Andere Orden innerhalb des "Tempel of Set" sind: - "Orden des Trapezoids" (pflegt einen germanischen Runensymbolismus) - "Orden Amn Bast" - "Orden des Leviathan" - "Orden des Nepthys" - "Orden des Vampirs" | |||||||||||